Wilhelmstraße

Erinnerungen, aufgeschrieben von der in Bad Zwischenahn ansässigen und in Bad Zwischenahn aufgewachsenen Frau Karin Schittko –  an dieser Stelle vielen vielen Dank  für diese wunderbaren „Geschichten aus alter Zeit“ , an die sich leider immer weniger erinnern können, (erstmals und in loser Folge veröffentlicht in den „Gemeindebriefen“ der ev. Kirche):

Es war ein Sommer wie in diesem Jahr, aber noch waren keine Ferien. Wir hatten am Nachmittag Turnstunde in der Turnhalle an der Schulstraße – Turnstunde bei Frau Weder und Tochter Heidi. Es machte uns allen viel Spaß. Es setzte ein Gewitter ein mit ganz viel Regen. Nach Ende der Turnstunde – auch das Gewitter war vorbei – ging es nach Hause. Barfuß! Denn die Schuhe mussten geschont werden. Einige von uns liefen durch die Wilhelmstraße bei Firma Andreas Koopmann vorbei. Am Ende der Straße hatte sich ein kleiner Bach gebildet: wir natürlich kreischend und quietschend dadurch. Ein paar Häuser weiter befand sich eine Häutehandelsgesellschaft. Dort hat es immer fürchterlich gestunken. Manchmal sah ich zu, wenn die Felle mit einem Haken vom Laster gezogen wurden. Das sah dann sehr gruselig aus. Aber es war spannend! An der Ecke Wilhelmstraße/Mühlenstraße war das Kaufhaus Otten-Bruns. Dort gab es alles: Lebensmittel, aber auch Waschpulver – wie ein großer Tante-Emma-Laden! Das Schönste war im ersten Stock die wunderschöne Gläser- und Porzellanabteilung! Einmal im Jahr – es war glaube ich zu Weihnachten – fand dort eine große Ausstellung statt, alles so schön dekoriert und mittendrin und immer freundlich Frau Bruns!Im selben Gebäude befand sich übrigens auch eine Kneipe, die immer gut besucht war. Ja, es war Sommer, und die Vorfreude von uns Kindern auf die Ferien war groß! (Fortsetzung folgt)
Karin Schittko (GB 3/18)


(Wilhelmstraße, um 1900)

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Das Haus, vor dem Krieg Eigentümer die jüdische Familie Sternberg, in der Wilhelmstraße wurde Ende 1994 abgerissen (Bild um 1968). Die Kinder von Wolf und Henriette Sternberg, die 1920 noch lebten, hießen Paul, Erna, Siegfried und Aenne. In der Presse wurde immer über Siegfried berichtet. Paul war im Heimatverein in der Theatergruppe aktiv, 1919 z. B. in „De Doekatersdeern“. Die Familie Sternberg hatte in der Gemeinde Bad Zwischenahn noch weitere Immobilien. Leider waren nicht alle Zwischenahner nett zu der Familie Sternberg, obwohl sie hier vor der NS-Zeit noch sehr angesehen war, insbesondere bei den Bauern. Zitat aus einem alten Pressebericht über eine zerschlagene Pumpe auf der Weide des Kaufmanns Wolf Sternberg an der folgender Zettel hing: „Die Polizei ist überall, aber nicht auf Jud Sternbergs Weide“.
(Photo: Archiv Marken)

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Wurst- und Fleischwarenfabrik Andreas Koopmann